Ausstellung in der Moritzburg Halle 21.10.2012–6.1.2013


Zur Ausstellung „HIN – Hölderlins Archive“
Von Anke Bennholdt-Thomsen

Harald Bergmann vermittelt Hölderlins dichterische Sprache in seinen Filmen auf drei Ebenen: auf der der Schriftlichkeit, die sich vor allem auf das Homburger Folioheft bezieht, auf der der Bildlichkeit, die jene Sprache mit sich bringt und hervorruft, und auf der der Lautlichkeit, wie sie den gesprochenen Versen eignet, – anders gesagt: als gelesene, als gesehene und hörbare Sprache. Die Trickanimation der Handschrift Hölderlins und von Zeichnungen von seinen Gedichten sowie die unmittelbare oder assoziative photographische Wiedergabe von einigen Orten seines Lebensweges, und schließlich die ausführlichen Lesungen von Texten Hölderlins unterstreichen und unterstützen den Nachvollzug dieser seiner Zugänge zu Hölderlins Werk. Die beiden visuellen Dimensionen und die akustische der Sprache ergänzt der Filmer durch eine musikalische, insofern er eigene und fremde Kompositionen begleitend und zitierend einsetzt, wie er denn einen der Filme sogar „Lyrische Suite“ nennt, also einen Gattungsbegriff der Dichtung mit einem der Musik kombiniert.

Es handelt sich somit um eine vielfache Kommentierung von Hölderlins Spätwerk in unterschiedlichen Medien (Schrift, Bild, gesprochene Sprache, Musik), die darüber hinaus in einen Dialog mit ihrem Darstellungsobjekt treten, dem sie zutrauen, daß es dadurch, aller Hermetik zum Trotz, verständlicher werden kann. Diese mehrfache Auseinandersetzung mit Hölderlin und seiner Sprache orientiert sich bei Bergmann an Hölderlins Lehre vom „Wechsel der Töne“ – einer poetologischen Lehre, die auf der Erfahrung des Dichtens beruht. Sie verdankt sich einem Vergleich der poetischen Verfahrensweise mit der Kompositionstechnik der Musik. Es handelt sich bei der Rede von Tönen also um musikalische Metaphern, die das wechselnde Verhältnis der Teile zum Ganzen der jeweiligen Dichtung betreffen. Hölderlin entnimmt den Vergleich der antiken poetologischen Schrift „Über das Erhabene“ von Pseudo-Longin, wie Martin Vöhler im Hölderlin-Jahrbuch (1992/93) gezeigt hat …

 

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Ausstellung "HIN - Hölderlins Archive" in Halle/Saale